Die Türkei begann den Tag am 4. November 2024 erneut mit der Einsetzung von Zwangsverwaltern. Es ist zur fortwährenden Methode eines repressiven Regimes geworden, dass gewählte Vertreter*innen des Volkes – Abgeordnete, Bürgermeister*innen, Parteivorsitzende und Repräsentant*innen demokratischer Institutionen – verhaftet, inhaftiert und für lange Jahre eingesperrt werden, um sie dann durch staatlich ernannte Verwalter*innen zu ersetzen.
Am Morgen des 4. November kündigte das türkische Innenministerium an, Zwangsverwalter in die Großstadtverwaltungen von Mardin, Batman und Halfeti eingesetzt zu haben. Die offizielle Begründung, wie oft gehört, lautet auch diesmal „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation” und anhängige Verfahren.
Der Ko-Bürgermeister von Mardin, Ahmet Türk, wurde damit bereits zum dritten Mal seines Amtes enthoben und durch den Gouverneur Tuncay Akkoyun ersetzt. In Batman wurde die Ko-Bürgermeisterin Gülistan Sönük abgesetzt und der Gouverneur Ekrem Canalp als Zwangsverwalter eingesetzt. Ähnlich wurde in der Stadt Halfeti der Ko-Bürgermeister Mehmet Karayılan durch den örtlichen Bezirksverwalter Hakan Başoğlu ersetzt. Bereits am 30. Oktober 2024 war in Istanbul Esenyurt der aus den Reihen der CHP gewählte Bürgermeister Ahmet Özer mit der gleichen Begründung, „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“, seines Amtes enthoben und inhaftiert worden; an seine Stelle trat der stellvertretende Gouverneur Istanbuls, Can Aysoy.
Die Provinzverwaltung von Batman verkündete außerdem ein zehn Tage währendes Verbot von Versammlungen und Veranstaltungen in der Öffentlichkeit.
Mit der Einsetzung der Zwangsverwalter wurden die Rathäuser als Zeichen der Machtergreifung mit türkischen Flaggen beflaggt, während Polizeikräfte die Eingänge blockierten, um den Zugang für Bürgermeister und Bürger zu verhindern. Gleichzeitig wurden Demonstrationen für zehn Tage verboten.
Der Zeitpunkt dieser Maßnahme fällt mit dem Tag zusammen, an dem 2016 die HDP-Ko-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ sowie neun Abgeordnete verhaftet und inhaftiert wurden. Diese Aktion unter dem gleichen Vorwand zeigt, wie sich das Sprichwort „In der Türkei enden die Intrigen nie“ mit der repressiven Regierung identifiziert. Dass dies in einer Zeit geschieht, in der Worte wie „Versöhnung“, „Frieden“ und „Lösung der kurdischen Frage“ geäußert werden, beweist diese Doppelmoral.
Seit ihrer Gründung setzt die repressiv-nationalistische türkische Regierung ihren autoritären Kurs fort. Immer wenn von Gleichheit, Brüderlichkeit und Demokratie gesprochen wird, folgen darauf Massaker, außergerichtliche Hinrichtungen, das Verschwindenlassen von Personen in Polizeigewahrsam, die Verhaftung oder Ermordung von gewählten Repräsentanten und Akademikern, die Einsetzung von Zwangsverwaltern sowie die Unterdrückung von Streik- und Demonstrationsrechten der Arbeiter*innen und Beschäftigten. Die Ernennung dieser Zwangsverwalter, unmittelbar nach Aufforderungen von Devlet Bahçeli, verdeutlicht erneut die Aggression des repressiven AKP-MHP-Regimes.
Diese Angriffe können nur durch gemeinsamen Widerstand überwunden werden!
Die Einsetzung von Zwangsverwaltern durch den repressiven türkischen Staat kann nur durch gemeinsamen Widerstand bekämpft werden. Der Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen, als dem Bürgermeister von Van bei den Wahlen im März das Amt verwehrt wurde, zeigt, dass auch dieser Angriff nur durch kollektiven Widerstand abgewehrt werden kann. Wir müssen die Unterstützung der europäischen imperialistischen Staaten für die Türkei aufdecken und den internationalen solidarischen Zusammenhalt der Völker stärken, um gegen diese Angriffe zu kämpfen. Als demokratische Organisationen der ansässigen und migrierten Arbeiter*innen und Beschäftigten in Europa sollten wir die verändernde Kraft der Straße nutzen und den Widerstand entfalten. Die Städte Mardin, Batman, Halfeti und Esenyurt gehören dem Volk – sie können nicht durch Zwangsverwalter enteignet werden!