Verdeckte Ermittler*innen und das V-Mann-System

Bemerkenswert ist, dass die Sicherheitsbehörden bei der “Beobachtung” von Faschisten auf das V-Mann-System pochen, während bei der Beobachtung von Linken selten V-Männer zum Einsatz kommen, sondern in der Regel verdeckte Ermittler*innen der Polizei. Warum ist das so bemerkenswert?

Gegen Linke wird in der Regel die maximalinversive Taktik der verdeckten Ermittler*innen eingesetzt, also eine Taktik, die eigentlich eine massive Gefahrenlage vorrausetzt, wie sie zum Beispiel bei den vielen rechtsextremen schwerbewaffneten Terrorgruppen der Fall ist, aber nicht bei linken Gruppierungen.

Diese Ermittler*innen verbringen mit den Menschen jahrelang, als Freund*innen und teilweise sogar als Lebensgefährt*innen, Zeit. So können sie in die intimsten Bereiche der Menschen und ihrer Gedankenwelt vordringen und dort bis zur Enttarnung oder bis zum Ende des Einsatzes bleiben, um so detaillierteste Berichte aus dem politischen, wie auch aus dem privaten Leben der Personen an die Einsatzkoordination zu tragen. In Deutschland sorgte vor einigen Jahren der Fall um die “Rote Flora” für Aufsehen.

(Miniexkurs: In England gab es den bisher krassesten bekannt gewordenen Fall: Ein verdeckter Ermittler führte jahrelang eine Beziehung mit einer Aktivistin und bekam sogar ein Kind mit ihr und verschwand dann irgendwann, da der Einsatz vorbei war. Es folgt ein langer Rechtsstreit und der Frau wurden knapp eine halbe Millionen Euro an Wiedergutmachung gezahlt.)

Das V-Mann-System hingegen ist der Erfahrung nach unzuverlässig, bringt kaum nützliche Informationen und bringt den Faschisten vor allem eines: viel Geld. Dennoch ist es das Lieblingssystem der Behörden zur Informationsgewinnung bei Faschisten. So gab es mehrere V-Männer im NSU Umfeld und in der Führungsriege der NPD und diverser Kameradschaften. Aufgeklärt hat das allerdings überhaupt nichts. Ganz im Gegenteil.

Im Zuge des NSU-Prozesses kam raus, dass es V-Männer im Umfeld des NSU gab und diese die Informationen über den NSU nicht weitergeleitet haben oder diese vom Verfassungsschutz ignoriert wurden. Wobei eine Kombination aus beidem am wahrscheinlichsten ist. Da man davon ausgehen muss, dass der Verfassungsschutz aktiv den NSU unterstützte. Die 120 Jahre Verschluss für die Akten, das massive Aktenvernichten durch den Verfassungsschutz, die Anwesenheit des VS-Mannes Temme bei einem Mord und die fünf toten wichtigen Zeugen, die alle “natürlich” oder “selbst gewollt” verstarben, lassen kaum einen anderen Schluss zu.

Der VS-Mann Temme, der bei dem Mord an Halit Yozgat dabei war, hatte auch “dienstliche” Verbindungen zum mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke.

Auch scheiterte das NPD-Verbotsverfahren im Jahre 2003 am sogenannten V-Mann-Skandal, da nicht klar war, wie weit der Staat (also die Sicherheitsbehörden) die NPD-Steuern würde. Gut 30 Mitglieder des NPD-Vorstands in Bund und Ländern arbeiteten für den Verfassungsschutz. Der ehemalige V-Mann Wolfgang Frenz kommentierte die Sache wie folgt: „Ohne das Geld des Verfassungsschutzes hätte die NPD in Nordrhein-Westfalen gar nicht aufgebaut werden können.“

Und genau das ist der Punkt. Bei all den Vorfällen von Faschisten bei der Polizei, dem Verfassungsschutz, MAD und der Bundeswehr ist davon auszugehen, dass der Aufbau faschistischer und terroristischer Organisationen durch die Sicherheitsbehörden bewusst gefördert wird und ihrem politischen Interesse liegt und sie das V-Mann-System nutzen, um Geld in diese Gruppen zu verschieben.

Von den Ku-Klux-Klan Polizisten im Jahr 2001 über den NSU/VS-Skandal, Nordkreuz, Hannibal, Uniter bis hin zu NSU 2.0 und den dutzenden anderen rechtsextremen Vorfällen bei der Polizei, die ohne (nennenswerte) Konsequenzen blieben, fragen wir uns, welcher andere Schluss ist da noch möglich?

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Link zum Fall in England: https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-entschaedigt-mutter-verdeckter-ermittler-zeugt-kind-bei-geheimen-einsatz-1.2189132